Dekubitusprophylaxe: So verhindern Sie Druckgeschwüre

Sind Pflegebedürftige in ihren Bewegungen eingeschränkt, drohen Druckgeschwüre. Ein Problem, dem sich viele pflegende Angehörige stellen müssen. Mit der Dekubitusprophylaxe verhindern Sie die Entstehung.

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Dekubitusprophylaxe hilft bei der Vermeidung von Druckgeschwüren und offenen Wunden

Was ist Dekubitusprophylaxe?

Die Dekubitusprophylaxe soll Dekubitus verhindern: Dekubitus ist auch unter den Namen Dekubitalgeschwür, Druckgeschwür, Durchliegegeschwür oder Wundliegen bekannt. Es handelt sich um eine Schädigung der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes (Muskeln oder Fettgewebe), die durch anhaltenden Druck entsteht.

Wie schnell sich Dekubitus entwickelt, ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Teils reicht kurzer, starker Druck, oft entsteht er aber auch, wenn leichter Druck über lange Zeit auf die jeweilige Körperstelle wirkt.

Besonders gefährdet sind Pflegebedürftige, die den ganzen Tag über liegen oder sitzen. Weitere Risikofaktoren sind hohes Übergewicht und wenig Bewegung. Dekubitusgefährdet sind auch Personen, die sehr dünn sind und bei denen die Knochen direkt unter der Haut liegen.

Wie entsteht ein Dekubitus?

Ein Dekubitalgeschwür erscheint nicht über Nacht. Die Hauptursache für die Entstehung ist die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit der Patienten. Wer nicht aufstehen, sich aufsetzen oder gar im Bett bewegen kann, ist nicht selbstständig in der Lage seine Position zu verändern. Deswegen wird dauerhaft Druck auf bestimmte Körperteile, zum Beispiel das Gesäß, ausgeübt. In welchem Zeitraum sich ein Dekubitus entwickelt, ist nicht genau definiert. Das hängt von der Stärke des Drucks, aber auch von anderen Faktoren wie betroffenen Körperteilen ab. Wie schwer ist der Betroffene, wie eingeschränkt ist die Mobilität, welche Grunderkrankungen liegen vor? Letztendlich hängt es auch von der Fähigkeit der Betroffenen ab, überhaupt Ausgleichsbewegungen vornehmen zu können. Zudem spielt die Beschaffenheit der Auflagefläche eine Rolle, also wie hart eine Matratze oder ein Stuhl ist.

Oft bleibt ein Dekubitus zunächst unbemerkt, denn die oberste Hautschicht besitzt weder Blutgefäße noch Nerven. Sie kann Druck lange standhalten, bevor ein Schaden oder Schmerzen entstehen. Meist werden zuerst die tieferen Schichten wie Muskulatur oder Fettgewebe geschädigt, bevor sich das auf der Haut bemerkbar macht.

Ein Dekubitalgeschwür kann durch Druck von außen (etwa durch Katheter, Sonden, aber auch durch Falten in Bettlaken oder Kleidung) oder durch inneren Druck (etwa an Knochen, die nur wenig von Fett oder Muskeln geschützt sind) hervorgerufen werden. Durch den Druck wird die Haut nicht mehr ausreichend durchblutet. Hält dieser zu lange an, sterben die Zellen ab und es kommt zu einer „Nekrose“.

Definition Dekubitus

Der Begriff Dekubitus kommt vom lateinischen „decumbere“, das übersetzt „sich hinlegen“ bedeutet.

Expertenstandard Dekubitusprohylaxe

In der Pflege gelten Qualitätsstandards. Um zu gewährleisten, dass sie eingehalten und umgesetzt werden, wurde das Instrument der nationalen Expertenstandards entwickelt. Sie sind seit 2008 für alle Pflegeeinrichtungen verpflichtend und dienen dazu, Fehler in der Versorgung von Pflegebedürftigen zu vermeiden. Gerade der Dekubitus geht häufig auf Pflegefehler zurück.

Zum Expertenstandard gehört zum Beispiel spätestens sechs bis acht Stunden nach Einlieferung des Patienten eine Dekubitus-Risikoeinschätzung. Auch die Planung individueller Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe oder die Beratung von Angehörigen gehört zum Expertenstandard.

Dekubitus – wie erkennen? Diese Symptome sind typisch!

Das Wundliegen macht sich mit unverkennbaren Dekubitus-Symptomen bemerkbar:

  • Rote oder violette Verfärbungen der Haut
  • Schmerzen an der betroffenen Stelle
  • dünnere oder weichere Haut als in der umliegenden Körperregion
  • Risse in der Haut
  • offene, großflächige Geschwüre.

Dekubitus ist für die Betroffenen meist sehr schmerzhaft. Für Pflegende ist er oft ein Zeichen, dass ein Pflegefehler vorliegt.

Der Dekubitus-Fingertest

Nicht jede Rötung der Haut ist sofort ein Dekubitus. Mit dem Fingertest können Sie potenzielle Probleme erkennen.

Drücken Sie dazu mit dem Finger sanft auf die gerötete Hautpartie und beobachten Sie, wie die Haut darauf reagiert:

  • Verblasst die Rötung, handelt es sich bei der Stelle nicht um einen Dekubitus.
  • Bleibt für kurze Zeit ein weißer Fleck auf der Rötung, dann liegt zwar noch kein Dekubitus vor. Es besteht aber die Gefahr, dass sich hier ein Druckgeschwür bildet.
  • Bleibt die Rötung nach dem Fingerdruck unverändert, handelt es sich um einen Dekubitus.

Dekubitusprophylaxe – auf diese gefährdeten Stellen achten

Grundsätzlich kann ein Dekubitus an jeder Körperstelle auftreten. Besonders gefährdet sind alle Knochenvorsprünge. Dekubitus an Gesäß, Steiß, Ferse und Ohr ist typisch, deswegen sollten Angehörige besonders auf diese Körperteile achten.

Weitere Körperstellen sind Hinterkopf, Schultergelenk und Schulterblatt, Wirbelsäule, Ellenbogen, Beckenkamm, Sitzbein, Kniegelenk oder Fußknöchel.

Welche Dekubitus-Grade gibt es?

Je nach Schwere des Druckschadens wird jeder Dekubitus in eine von vier Kategorien eingeordnet. Umgangssprachlich wird hier auch oft der Begriff „Grad“ benutzt. Die Dekubitus-Kategorie spricht bei Grad I von einer nicht wegdrückbaren Rötung, bei Kategorie II von einem Teilverlust der Haut. Kategorie III umschreibt den vollständigen Hautverlust und Grad IV den vollständigen Gewebeverlust, bei dem Knochen, Sehnen und Muskeln vollkommen frei liegen.

Wichtig: Jede Form von Dekubitus ist eine Wunde, deren Behandlung komplex und je nach Grad der Schwere unterschiedlich ist. Wenden Sie sich bei einem Dekubitus also auch in der häuslichen Pflege immer an einen Arzt, einen Wund-Experten oder eine fachkundige Pflegeperson.

Diese Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe sind üblich

Die Vorbeugung von Dekubitalgeschwüren beinhaltet mehrere Maßnahmen, um die äußere Haut zu schützen und das Gewebe von innen elastisch zu halten. Dazu gehören:

  • Tägliche Hautkontrolle
  • Hautreinigung mit pH-hautneutralen Pflegemitteln
  • Hautpflege
  • Atmungsaktive, nicht-einschnürende Kleidung
  • Ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeitsversorgung
  • Regelmäßiger Wechsel von Inkontinenzhilfsmitteln

Prophylaxe-Maßnahmen: Schonende Mobilisierung

Viele Pflegebedürftige sind noch mobiler, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Man sollte sie motivieren, wieder mehr Selbstständigkeit zu erhalten, indem man ihnen beispielsweise Gehhilfen wie einen Stock oder Rollator anbietet.

Wer längere Zeit bettlägerig gewesen ist, kann nicht sofort lange Spaziergänge unternehmen. Beginnen Sie langsam, mit ersten Schritten z. B. vom Bett zum Tisch, und steigern Sie die Aktivitäten stückweise. Oft helfen beim Pflegebedürftigen beliebte Aktivitäten bei der Motivation. Vielleicht kann man bestimmte Ausflüge, einen Spielekreis oder das Kaffeekränzchen mit alten Freundinnen organisieren.

Zudem ist es sinnvoll, an die Mithilfe des Pflegebedürftigen zu appellieren. Ob die Hilfe beim Kochen, beim Beaufsichtigen der Kinder, kleine Gartenarbeiten, die Pflege der Topfblumen – wenn man dem Pflegebedürftigen das Gefühl gibt, dass er noch gebraucht wird, holt ihn das oft aus der Teilnahmslosigkeit und bringt ihn dazu, sich mehr zu bewegen, statt stundenlang stillzusitzen oder zu liegen.

Richtige Lagerung ist eine wichtige Präventionsmaßnahme

Jeder Pflegebedürftige, der sich nicht mehr aus eigener Kraft oder Motivation heraus aufrichten, aufstehen, seine Lage im Bett wechseln kann, braucht dabei eine freundliche Unterstützung. Beim Umlagern sanft vorgehen. Jeder Positionswechsel sollte im Einklang mit dem zu Pflegenden geschehen, ihn nicht erschrecken und ihm keine Schmerzen bereiten.

Ein regelmäßiger Wechsel zwischen einzelnen Lagerungen ist sinnvoll und lässt sich gut mit festen Zeiten, wie den Mahlzeiten, aber auch mit pflegerischen Tätigkeiten, wie der Körperhygiene, verbinden.

Wichtig ist in jedem Fall, die gesundheitliche Situation des Pflegebedürftigen zu berücksichtigen. Jemand mit starken Atemproblemen kann vielleicht nicht flach auf dem Rücken liegen. Hat jemand bereits einen Dekubitus am rechten Hüftknochen, sollte man die Seitenlage vermeiden, bei einem Dekubitus am Rücken ist die Rückenlage ungeeignet. Am besten bespricht man den Lagerungsplan mit dem Arzt oder Pflegedienst.

Welche Hilfsmittel dürfen nicht angewendet werden?

Einige Hilfsmittel wirken auf den ersten Blick sinnvoll, sollten bei der Gefahr eines Dekubitus aber nicht eingesetzt werden. Denn diese Dinge steigern sogar noch die Gefahr, dass Druckstellen entstehen.

Für den Einsatz bei Dekubitus-Patienten vollkommen ungeeignet sind:

  • Gummi-Kissen, Lochkissen oder Sitzringe
  • Verbände mit Watte-Einlagen oder -Anteil
  • Wasserkissen
  • Felle und Schonbezüge aus Fell oder ähnlichen Materialien

Ziele der Dekubitusprophylaxe

Ein Dekubitus, gerade in einem fortgeschrittenen Stadium, kann dazu führen, dass die Patienten noch kranker werden. Die Heilung von offenen Wunden bei Menschen, die nicht mehr mobil sind, ist eine Herausforderung. Eine gezielte und umfassende Dekubitusprophylaxe kann nicht früh genug beginnen, um es gar nicht so weit kommen zu lassen.

Druckentlastung bei Dekubitus wichtigste Therapie

Je früher eine Dekubitusprophylaxe erfolgt, desto besser. Wenn eine Druckentlastung bereits frühzeitig im Stadium I des Dekubitus vorgenommen wird, kommt es schon nach kurzer Zeit zur Erholung der betroffenen Stellen. Der beginnende Dekubitus kann dann durch die wiederhergestellte Haut- und Gewebedurchblutung heilen.

Dekubitusprophylaxe Hautpflege: Sanft halten

Eine Creme kann einen Dekubitus zwar nicht verhindern, aber die Haut geschmeidig halten. Am besten eignen sich duftfreie und natürliche Lotionen, die nicht zu fest einmassiert werden sollten. Denn die Haut von Pflegebedürftigen ist häufig dünn und trocken – daher benötigt sie sanfte Berührungen.

Wichtig: Wunden sollten beim Eincremen immer ausgelassen werden, da sie in die Hände von Spezialisten gehören.

Dekubitus-Hilfsmittel: Die richtige Matratze

In der Pflege spielt das Bett eine große Rolle: Die Matratze im Pflegebett sollte sich den Körperkonturen anpassen, ohne die Beweglichkeit einzuschränken. Viscoelastischer Schaumstoff ist hier oft eine gute Wahl. Ein Wellenprofil auf der Matratzenoberfläche kann empfindliche Stellen wie Ellenbogen, Fersen und Schulterblätter schützen.

Wichtig: Sogenannte Antidekubitusmatratzen können helfen, Druckgeschwüre zu vermeiden. Doch selbst teure Matratzen mit Microstimulationssystemen sind kein Ersatz für regelmäßige Mobilisierung und Umlagerung.

Wechseldruckmatratzen bei Dekubitus zur Prophylaxe

Um einem Dekubitus vorzubeugen, sind in manchen Fällen Wechseldruckmatratzen die richtige Lösung. Sie bestehen aus vielen aneinandergereihten Luftkammern, die sich automatisch mit Luft befüllen und entleeren. Die Stärke der Befüllung ist individuell einstellbar. Durch die regelmäßig wechselnde Druckentlastung werden betroffene Hautpartien entsprechend geschont. Wechseldruckmatratzen sind jedoch nicht bei allen Betroffenen ideal. Bei Patienten mit Wahrnehmungsstörungen, etwa bei Schlaganfall oder Alzheimer, sollten solche Hilfsmittel vorsichtig eingesetzt werden. Die Matratzen können dazu führen, dass die Betroffenen das Gefühl für die eigenen Körpergrenzen verlieren und in der Folge Wahrnehmungsstörungen auftreten.

Bei Bedarf können Ärzte eine Dekubitusmatratze verschreiben. Mit dem Rezept tragen die Kranken- und Pflegekassen die Kosten für dieses Hilfsmittel.

Lagerung bei Dekubitus: Dünne Decken und Handtücher als Hilfsmittel

Mit einfachen Hilfsmitteln kann man eine sogenannte Mikrolagerung anwenden. Sie eignet sich für Pflegebedürftige, die sich nicht mehr ausreichend selbst bewegen können, Unterstützung bei der Bewegung und Mobilität benötigen.

Bereits mit kleinsten Schwerpunktverlagerungen wird eine vorbeugende Wirkung erzielt. Wichtig dabei: Die Lagerungshilfen sollten nicht zu dick sein. Am besten eignen sich dünne Decken, z. B. aus weichem Fleece oder weiche Handtücher.

Die Mikrolagerung dient einer kurzzeitigen Druckentlastung, ersetzt aber nicht die regelmäßige Umlagerung.

Die Hilfen werden nach bestimmtem Muster gefaltet und positioniert:

  • Dreifachfaltung: Hier wird der Stoff zu einem kleinen Päckchen gefaltet. Man kann ihn unter das Schulterblatt legen oder auch mit mehreren solcher „Päckchen“ den Pflegebedürftigen gleichzeitig unter den Schulterblättern, im Beckenbereich und in Höhe der Unterschenkel entlasten.
  • Brezelfaltung: Hier wird das Tuch von beiden Enden nach innen aufgerollt. Mit solch einer „Brezel“ kann man besonders gut Extremitäten, wie eine Ferse oder einen Unterarm, hochlagern und kurzfristig entlasten.
  • Rolle: Das Tuch wird ganz einfach locker gerollt. So eine weiche Rolle kann man unkompliziert unter das Gesäß schieben, aber auch unter Kniekehlen und unteren Rücken. Mit ihr kann man ebenfalls einen Pflegebedürftigen in der Seitenlage abstützen und die Knie entlasten.

Dekubitusprophylaxe zu Hause: Richtige Ernährung wichtig

Um die natürliche Wundheilung zu unterstützen, ist eine ausreichende Versorgung mit wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen notwendig. Daher sollten Sie auf frische, abwechslungsreiche Gerichte setzen, die vollwertig und vitaminreich sind. Auch auf hochwertige Fette achten, die alpha-Linolsäuren, Linolsäuren, Vitamin A und E enthalten. Obst und Gemüse sind wichtige Vitaminlieferanten.

Ausgewogene, abwechslungsreiche Kost, aber auch ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit unterstützt auch eine gesunde Haut. Ist die Haut gesund, entsteht nicht so schnell ein Dekubitus, kleine Wunden heilen besser ab.

Mangel- und Unterernährung sind vor allem im Alter ein zunehmendes Problem. Sie schwächt den gesamten Organismus. Je weniger Fettmasse vorhanden ist, desto stärker treten die Knochen hervor und bieten dadurch „Angriffspunkte“ für die Entstehung eines Dekubitus.

Leidet der Pflegebedürftige unter Appetitlosigkeit, sollten Sie mehrere kleinere Portionen am Tag reichen. Gemeinsam zu essen und sich dabei zu unterhalten, sorgt obendrein für gute Stimmung.