Verhinderungspflege – so bekommen Angehörige eine Auszeit

Wer pflegt, hat oft kaum Zeit für sich selbst – das kann negative Folgen für die körperliche und seelische Gesundheit haben. Deshalb sind regelmäßige Auszeiten wichtig. Hier kann die sogenannte Verhinderungspflege helfen.

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Verhinderungspflege kann sehr flexibel genutzt werden. Eine Beratung zu den Möglichkeiten lohnt sich

Was ist Verhinderungspflege?

Das Leben der pflegenden Angehörigen geht auch neben der Pflegetätigkeit weiter. Deshalb kann die Verhinderungspflege für vielerlei Aktivitäten genutzt werden. Zum Beispiel, wenn die pflegende Person zum Friseur geht, einen Arzttermin hat oder regelmäßig an einem Sportkurs teilnehmen möchte. Auch für eine Ablenkung vom Alltag wie ein Kaffeetrinken mit Bekannten kann die kurzfristige Auszeit eingesetzt werden.

Wird die Vertretung weniger als acht Stunden pro Tag in Anspruch genommen, wird sie als „stundenweise“ bezeichnet. In diesem Fall wird das Pflegegeld nicht gekürzt.

Ist der pflegende Angehörige krank oder kurz im Urlaub, kann die Verhinderungspflege ebenfalls eine geeignete Betreuungsform darstellen, die Pflege tage- oder wochenweise zu übernehmen.

Wo findet Verhinderungspflege statt?

Die Verhinderungspflege ist eines von vielen Unterstützungsangeboten aus der Pflegeversicherung. Sie kann pflegenden Angehörigen Zeit zum Durchatmen und für die Regeneration verschaffen. Verhinderungspflege findet in der häuslichen Umgebung statt. So hat der Pflegebedürftige sein vertrautes Umfeld und muss nicht in eine stationäre Einrichtung, wie dies bei der Kurzzeitpflege der Fall ist.

Wer leistet Verhinderungspflege?

Wichtig ist vor allem, dass der Pflegebedürftige gut betreut wird. Verhinderungspflege kann daher von Mitarbeitenden eines ambulanten Pflegedienstes oder eines Betreuungsdienstes geleistet werden. Es ist aber auch möglich, dass Angehörige, Verwandte, Freunde, Bekannte oder Nachbarn die Betreuung übernehmen.

Ausgeschlossen sind nur Personen, die bei der Pflegekasse als Pflegepersonen gemeldet sind. Wird eine Person etwa von ihrem Ehemann und einer Tochter betreut, können diese beiden sich nicht gegenseitig vertreten und dafür eine Förderung beantragen.

Verhinderungspflege und Pflegegrade

Um Verhinderungspflege in Anspruch nehmen zu können, muss ein Pflegegrad von 2 bis 5 vorliegen. Bei Pflegegrad 1 kann der Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro im Monat für die Finanzierung einer Ersatzpflegeperson genutzt werden.

Die häusliche Pflegesituation muss schon seit mindestens sechs Monaten bestehen (Vorpflegezeit). Die Einstufung in einen Pflegegrad muss aber nicht zwingend schon so lange vorliegen. Es zählt der Zeitpunkt des Pflegebeginns, hier kann ein Attest vom Hausarzt als Beleg hilfreich sein.

Verhinderungspflege – das steht Ihnen zu

Wird die Ersatzpflege durch einen ambulanten Pflegedienst, durch erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, durch Bekannte, Nachbarn oder entfernte Verwandte durchgeführt, erstattet die Pflegekasse die Verhinderungspflege für maximal sechs Wochen (42 Tage) im Kalenderjahr und mit Kosten bis zu einer Höhe von 1.612 Euro.

Zusätzlich können bis zu 806 Euro aus den Leistungen für die stationäre Kurzzeitpflege für die Vertretung eingesetzt werden. Es stehen also maximal 2.418 Euro für die Verhinderungspflege zur Verfügung.

Verhinderungspflege Tabelle

Wie oben beschrieben erstatten die Kassen für Verhinderungspflege durch beruflich Pflegende oder entfernte Verwandte oder Bekannte im Jahr bis zu 1.612 Euro.

Leisten nahe Verwandte oder Haushaltsangehörige die Verhinderungspflege, wird höchstens das 1,5-Fache des monatlichen Pflegegeldes erstattet. In Zahlen bedeutet das:

Pflegegrad Maximaler Erstattungsbetrag für bis zu sechs Wochen Verhinderungspflege
1 keine Verhinderungspflege möglich
2 474 Euro
3 817,50 Euro
4 1.092 Euro
5 1.315,50 Euro

Zusätzlich können jedoch Aufwendungen wie z. B. Fahrtkosten und Verdienstausfall bis zur Höchstgrenze von insgesamt 1.612 Euro übernommen werden.

An wen wird das Geld gezahlt?

Wie das Pflegegeld werden auch die Leistungen für die Verhinderungspflege an den Pflegebedürftigen ausgezahlt. Er oder sie kann sie dann entsprechend an die Pflegenden weitergeben.

Verhinderungspflege: Wird Pflegegeld weitergezahlt?

Während der Verhinderungspflege wird das Pflegegeld zur Hälfte weitergezahlt, am ersten und letzten Tag jeweils in voller Höhe.

Wichtig: Es ist nicht möglich, die Verhinderungspflege über Jahre anzusparen, die Ansprüche verfallen jeweils am Ende des Kalenderjahres.

So beantragen Sie Verhinderungspflege richtig

Der Antrag auf Verhinderungspflege muss vom Pflegebedürftigen oder einer von ihr bevollmächtigten Person bei der Pflegekasse gestellt werden.

Damit die Bearbeitung reibungslos klappt, sollten die folgenden Punkte im Antrag stehen:

  • Name und Anschrift der pflegebedürftigen Person
  • Versicherungsnummer des zu Pflegenden
  • Zeit, in der die Verhinderungspflege geplant ist (tage- oder stundenweise)
  • Grund, warum die Verhinderungspflege benötigt wird
  • Name, Anschrift der Ersatzpflegeperson bzw. des Pflegedienstes. Wenn Angehörige die Pflege übernehmen, sollte im Antrag vermerkt werden, welche Verbindung sie zum Pflegebedürftigen haben
  • Datum, ab dem die pflegebedürftige Person zu Hause gepflegt wird (muss mindestens sechs Monate in der Vergangenheit liegen)
  • Anschrift der zuständigen Pflegekasse.

Wichtig: Viele Kranken- und Pflegekassen stellen im Internet eigene Formulare für die Beantragung von Verhinderungspflege zur Verfügung. Diese Vordrucke müssen für den Antrag nicht genutzt werden – sie sind aber eine wertvolle Orientierung dafür, welche Angaben die Kasse erwartet.

Kann Verhinderungspflege von der Kasse abgelehnt werden?

Die Ansprüche auf Verhinderungspflege sind im 11. Sozialgesetzbuch festgeschrieben (§ 39). Kranken- und Pflegekassen dürfen einen Antrag auf Verhinderungspflege daher nicht ablehnen.

Es gibt jedoch zwei Ausnahmen: So müssen die Kassen nur dann die Verhinderungspflege übernehmen, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die wichtigsten Punkte sind hier, dass die Pflege schon seit mindestens sechs Monaten besteht und dass Angehörige auch tatsächlich Pflegeleistungen erbringen.

Außerdem müssen alle relevanten Daten im Antrag stehen. Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, sind die Krankenkassen verpflichtet, die Verhinderungspflege zu bezahlen.

Verhinderungspflege rückwirkend beantragen

Optimal ist es, die Verhinderungspflege im Vorfeld bei der Pflegekasse zu beantragen. Dringend nötig ist das aber nicht. Die Verhinderungspflege kann auch nachträglich beantragt werden. Die Kosten werden dann rückwirkend erstattet. Antragsformulare dafür gibt es bei der Pflegekasse und im Internet.

Muss das Verhinderungspflege-Geld versteuert werden?

Grundsätzlich müssen die Leistungen für die Verhinderungspflege in der Steuererklärung angegeben werden. Steuerpflichtig werden sie für Angehörige und Nahestehende aber erst, wenn der Pflegende für seinen Aufwand mehr Geld bekommt, als der Pflegebedürftige im Jahr Pflegegeld bekommt. Bei Pflegegrad 2 (316 Euro monatlich) fallen also erst Steuern an, wenn der Pflegende für seine Verhinderungspflege mehr als 3.792 Euro (12 x 316 Euro) bekommt.

Wird Verhinderungspflege überprüft?

Für die Erstattung müssen die entstandenen Kosten nachgewiesen werden. Deshalb sollte man sich schriftliche Rechnungen oder Quittungen für die Leistungen ausstellen lassen.

So kann man Kosten im Falle einer Überprüfung durch die Pflegekasse nachweisen.

Tipp: Vor dem Einsenden der Belege Kopien erstellen.

Kurzzeitpflege anstatt Verhinderungspflege

Ist eine Pflegevertretung im häuslichen Umfeld nicht möglich, kann für eine Abwesenheit des Pflegenden auch die stationäre Kurzzeitpflege im Pflegeheim oder in einem Seniorenheim genutzt werden.

Hierfür zahlt die Pflegekasse bis zu 1.774 Euro für höchstens acht Wochen im Kalenderjahr.

Zusätzlich können die 1.612 Euro aus der Verhinderungspflege auch für Kurzzeitpflege eingesetzt werden, insgesamt also maximal 3.386 Euro jährlich.

Loslassen – und mit neuer Kraft zurückkehren

Für viele Angehörige ist es nicht einfach, die Verhinderungspflege und andere Angebote wahrzunehmen. Doch es ist wichtig, sich um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern und wieder Kraft zu schöpfen. Denn nur mit vollen Akkus kann man sich mit ganzem Einsatz um die Pflegebedürftigen kümmern.

Hinzu kommt, dass eine Überlastung das Verhältnis zwischen den Angehörigen negativ beeinflussen und so für eine angespannte Pflegesituation sorgen kann. Deshalb ist es ein Gewinn für alle Beteiligten, loszulassen und sich regelmäßig Auszeiten von der Pflege zu gönnen. Die Verhinderungspflege ist dafür gut ein geeignetes Mittel.

Natürlich stehen Ihnen auch während der Zeit der Verhinderungspflege die Pflegehilfsmittel unserer Pflegemittelbox zu!